Als Curtiz noch Kertész war – seine frühen Filme
Unter den Linden 2, 10117 Berlin
Der junge Medardus
Mit musikalischer Begleitung: Eunice Martins (Flügel)
AT 1923, 35mm, frz. ZT, dt. UT, 89 min, R: Michael Kertesz, B: Ladislaus Vajda nach Arthur Schnitzler, K: Gustav Ucicky, Eduard von Borsody, D: Mihály Várkonyi (aka Victor Varconi), Anny Hornik, Mari Hegyesi, Mary Stone, Gyula Szőreghy (aka Julius von Szöreghy)
Vor dem Hintergrund der Napoleonischen Kriege erschafft Michael Kertesz mit der Artur Schnitzler-Verfilmung Der junge Medardus ein bildgewaltiges, mit tragischen Liebesgeschichten verwobenes Monumentalwerk. Sein damaliger Lieblingsschauspieler Mihály Várkonyi verkörpert Medardus Klähr, einen Idealisten, der den Tod seines Vaters, welcher von den französischen Besatzern erschossen wurde, nie verwunden hat. Und so strebt der junge Klähr nach Rache und es beginnen gleich zwei Liebestragödien, die einem dramaturgischen Höhepunkt zustreben, als Napoleon in Wien einzieht.
Von den drei großen Monumentalfilmen, die Kertesz für die Sascha-Film realisierte, ist Der junge Medardus vielleicht der überzeugendste, weil er neben souverän inszenierten Massenszenen auch auf eine komplexe Charakterzeichnung setzt und daher tragischer und emotionaler wirkt. So erweist sich Michael Kertesz hier zum ersten Mal als ein Meister des historischen Melodramas. Béla Balázs zeigte sich in der Zeitung Der Tag (9.10.1923) äußerst angetan: „Wir haben bei Lubitsch und Griffith größere Massen gesehen. Aber noch nie Massen, die so aus lauter für-sich lebendigen und sinnvollen Teilszenen zusammengesetzt worden sind. Nicht nur das Ganze wirkt. Jede Ecke ist ausgearbeitet, hat Physiognomie“.
(Text: Jörg Taszman)
Die Vorführung ist Teil der Filmreihe Als Curtiz noch Kertész war – seine frühen Filme, die in Ungarn und in Österreich entstandene Werke des Regisseurs Mihály/Michael Kertész präsentiert. Die von Jörg Taszman kuratierte Reihe läuft im Zeughauskino.