Misteln

Datum: 25 März
Zeitpunkt: 18:00
Ort:  Filmmuseum Potsdam
Breite Str. 1A / Marstall, 14467 Potsdam
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Misteln (Fagyöngyök, R: Judit Ember, 1978, 86 min) OmeUT

Als sie mit den Dreharbeiten von Misteln begann, hatte Judit Ember schon über zehn Filme hinter sich, u.a. ihren mit Gyula Gazdag gemeinsam entwickelten situativen Dokumentarfilm Der Beschluss (1972), den das American Film Institute auf die Liste der 100 besten Dokumentarfilme aller Zeiten setzte, der aber gleichzeitig in Ungarn bis in die achtziger Jahre hinein verboten war. Überhaupt hat Judit Ember den ironischen Meistertitel inne, die meisten im sozialistischen Ungarn verbotenen Filme produziert zu haben. Sie galt als „die Unverbesserliche“, obwohl sie keine kämpferischen Filme drehte: Ihre Protagonist:innen erzählten oder zeigten einfach, was ihnen widerfahren ist oder täglich widerfährt, ohne Empörung und ohne Vorwürfe zu erheben.

Auch der Film Lehrgeschichte (1976) wurde seinerzeit wegen seines empfindlichen Themas verboten. Es geht um ein Mädchen, das versucht, sich das Leben zu nehmen. Das gleiche Mädchen sehen wir einige Jahre später in „Misteln“, Embers einzigem Dokumentarspielfilm wieder, als junge Mutter zweier – bald dreier – Kinder. Ember zeigt mit selbstverständlicher Sympathie und sanftem Humor den Facettenreichtum des Lebens der Familie, die jeden Tag durcharbeiten, um einen winzigen Schritt voranzukommen. Die Regisseurin porträtiert drei Generationen von aufeinander angewiesenen Frauen und kommt der Familie so nah, dass – zum ersten Mal in der Geschichte des Dokumentarfilms – die Kamera im OP-Saal dabei sein darf, um die Entbindung durch Kaiserschnitt aufzuzeichnen.

Das Filmmuseum Potsdam zeigt den Film im Rahmen der Reihe Film!Her!Story! Filme von Ula Stöckl, Cecilia Mangini, Róża Berger-Fiedler und Judit Ember.

Einführung: Borjana Gaković (Medienwissenschaftlerin)