Ein internationaler Netzwerker der osteuropäischen Konzeptkunst

Hommage an den Kunsthistoriker László Beke (1944 – 2022)

Datum: 19 Januar
Zeitpunkt: 17:00
Ort:  Collegium Hungaricum Berlin
Dorotheenstraße 12, 10117 Berlin

László Beke war einer der ersten und zugleich international bekanntesten Ausstellungsmacher der Nachkriegszeit in Ungarn – ganz in dem Sinne, wie wir den Begriff ‚Kurator‘ heute verstehen.

Er war Mitarbeiter, später Leiter des Instituts für Kunstgeschichte der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Museologe der Ungarischen Nationalgalerie, Direktor der Kunsthalle Budapest und dort auch Professor der Universität der Bildenden Künste. Er verfasste ein grundlegendes Lehrbuch über die Interpretation von Kunstwerken, das das Kunstverständnis von Generationen junger Ungar*innen maßgeblich prägte.

Als Kunsthistoriker und Kunsttheoretiker hat László Beke die Entwicklung der ungarischen Neo-Avantgarde aus unmittelbarer Nähe begleitet und mitgestaltet. Als Zeitgenosse war er in der internationalen Kunst ebenso bewandert wie die Künstler*innen selbst, die bei der offiziellen Kunstkritik meistens auf Unverständnis stoßen, in ihm aber einen scharfsinnigen und aufgeschlossenen Theoretiker fanden.

Er war ein genauer Beobachter, der die neuen, progressiven, aber auch auf die klassische Avantgarde zurückgreifenden Positionen der jungen, als „neo-avantgarde“ genannten Künstlergeneration unter den Ersten zu schätzen wusste. Er war ständiger Gast ihrer in kleinen Klubräumen und an entlegenen Orten gezeigten Ausstellungen, und experimentierte selbst mit außerinstitutionellen Ausstellungs- und Publikationsformaten.

László Beke, 2018 © György Orbán

László Beke, 2018 © György Orbán

1971 entstand Bekes inzwischen legendäre Sammlung der ungarischen Konzeptkunst Imagination/Idea, deren Entstehungsgeschichte exemplarisch für seine besondere Arbeitsmethode und Denkweise steht. In einem mit Durchschlagpapier vervielfältigten Brief bat er 29 junge Künstler*innen – 16 von ihnen sind in der Ausstellung Magyar Neo-Avantgarde in 1960er/1970er Jahren im Collegium Hungaricum Berlin mit Werken vertreten –, ihre Ideen eines imaginären Werks auf einem DIN-A4-Blatt zu entwerfen und diese ihm zurückzusenden. Die so entstandenen Arbeiten bewahrte er 40 Jahre lang bei sich zu Hause in einer Mappe auf und zeigte sie auf Wunsch seinen Besuchern, unter ihnen zahlreichen Kunstwissenschaftlern*innen aus dem In- und Ausland. Eine breitere Öffentlichkeit konnte erst 2008 eine Auswahl dieser Werke in einer Ausstellung kennenlernen, die von Bekes Künstlerkollegin Dóra Maurer organisiert wurde. Heute ist diese Sammlung als Faksimile im Buchformat zugänglich.

László Beke wurde durch seine seit den 1960er Jahren intensiv gepflegten internationalen Kontakte weit über die Landesgrenzen hinaus zum Botschafter der Konzeptkunst aus Osteuropa. Seine Bedeutung in Ungarn ist mit der von Jindřich Chalupecký in der damaligen Tschechoslowakei, Jerzy Ludwiński in Polen oder Bazon Brock in der Bundesrepublik vergleichbar. Davon zeugt u.a. die großformatige Ausstellung Global Conceptualism im Queens Museum in New York, die er 1999 mitkuratierte.

László Beke starb am 31. Januar 2022 in Budapest. Ein Jahr später erinnern wir uns an seine außergewöhnliche Persönlichkeit im Collegium Hungaricum Berlin.

Programm

18:00  Coefficients: Reminiscences of the Participants and Organisers of the Unrealized Exhibition, “Imaginations” (2018, made by Zsuzsa László in the framework of the exhibition of tranzit.hu-Municipal Gallery-Kiscell Museum Budapest, 1971 – Parallel Nonsynchronism, camera and editing by Benedek Bognár, Zsuzsanna Simon; 59'52)
Screening auf Ungarisch mit englischen Untertiteln

19:30  An International Networker of East-European Conceptualism
Gespräch der Kuratorinnen Dóra Hegyi (tranzit.hu) und Zsuzsa László (Central European Research Institute for Art History, Budapest) über László Beke
Gespräch auf Englisch

Die Veranstaltung findet als Rahmenprogramm zur Ausstellung Magyar Neo-Avantgarde in den 1960er/1970er Jahren (10.11.2022 – 27.1.2023) in Kooperation mit tranzit.hu statt.

Zsuzsa László ist Forscherin und Kuratorin am Central European Research Institute for Art History, Budapest. Sie ist Vorstandsmitglied von tranzit.hu und Redaktionsmitglied von ARTMargins Online. Sie war Co-Kuratorin der Ausstellung 1971 – Parallel Nonsynchronism (2018).

Dóra Hegyi is Leiterin des zeitgenössischen Kunstprogramms tranzit.hu in Budapest. Sie ist Initiatorin, Co-Redakteurin und Co-Kuratorin von zeitgenössischen Forschungen, Projekten und Publikationen. tranzit.hu hat László Bekes Imagination/Idea Projekt in Buchform auf Ungarisch und English herausgegeben.