BBS 4 – Radikale Relativität

Datum: 23 September
Ort:  Collegium Hungaricum Berlin + online
Dorotheenstr. 12, 10117 Berlin

Miklós Erdély und Ildikó Enyedi – eine Schlüsselfigur der ungarischen Neo-Avantgarde und seine Schülerin, die Cannes und Berlin eroberte

Screening und Gespräch

Version (1981) Miklós Erdély © Studio Balázs Béla, Ungarisches Nationales Filminstitut

Version (1981) Miklós Erdély © Studio Balázs Béla, Ungarisches Nationales Filminstitut

Zwei emblematische Filme von Miklós Erdély (1928 - 1986) – vorgestellt von seiner ehemaligen Schülerin, der Berlinale-Preisträgerin Ildikó Enyedi – schließen am 23. September die Filmreihe zum ungarischen Filmstudio Béla Balázs, das im Staatssozialismus beispiellose künstlerische Freiräume ermöglichte.

Die Bekanntschaft zwischen Erdély und Enyedi, die mit einer provozierenden Bemerkung Erdélys begann, wurde zu einer tiefen, bis zu seinem Tod andauernden Freundschaft.

Ildikó Enyedi war, damals noch Studentin der Betriebswirtschaft in Budapest, Mitglied der von Erdély gegründeten INDIGO Gruppe (1978-1986), die mit einem interdisziplinären und intermedialen Ansatz gemeinsame Kunstprozesse erkunden wollte. Zwanzig Jahre später widmete die 1989 in Cannes gekürte Regisseurin ihren vierten Spielfilm „Simon, der Magier” (1999) dem Meister und Freund Miklós Erdély, einer außerordentlichen (Künstler)Persönlichkeit, deren Lebenswerk und konzeptuelle Kunstauffassung mehrere Künstlergenerationen prägten.

Das 1959 als kulturpolitisches Experiment gegründete BBS wurde ab 1961 jährlich mit dem Budget eines abendfüllenden Spielfilms subventioniert, was es den dort wirkenden Filmemacher:innen und seit Anfang 1970-er Jahre auch bildenden Künstler:innen ermöglichte, frei an ihren Projekten zu arbeiten. Diese Infrastruktur nutzten mehrere Vertreter:innen der ungarischen Neo-Avantgarde für ihre filmischen Arbeiten, wie die heute international renommierte Künstlerin Dóra Maurer, das früh verstorbene Multitalent Tibor Hajas und nicht zuletzt Miklós Erdély, einer der bedeutendsten Vertreter der Budapester Neo-Avantgarde. Neben seinen theoretischen und künstlerischen Texten, seinen Environments und Installationen, seiner Aktion- und Performancekunst sowie der kunstpädagogischen Arbeit verwirklichte Erdély am BBS mehrere Filmprojekte.

BBS 4 ǀ Radikale Relativität

Version (Verzió, R.: Miklós Erdély 1981, 54 min), OmeU

Hinrichtung im Frühling (Tavaszi kivégzés, R.: Miklós Erdély 1985, 54 min), OmeU

Beide Filme spielen mit der Spannung zwischen Fiktion und Realität. In Version geht es um die Re- oder besser Dekonstruktion eines antisemitischen Ritualmordprozesses aus dem Jahr 1882. In Hinrichtung im Frühling versucht der Protagonist seine unerwartete Verurteilung zu nachvollziehen. In beiden Fällen wird das Urteil gefällt, ohne dass die Wahrheit – wenn es sie überhaupt gibt – ans Licht kommt.

Online zugeschaltet ist die Filmregisseurin Ildikó Enyedi. Die Moderation übernimmt Filmkurator Claus Löser.

Die Veranstaltung im CHB startet am 23. September um 19:00 Uhr mit dem Gespräch der Beiden in englischer Sprache, gefolgt von den zwei Filmen, die auch online angesehen werden können.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos. Die Anmeldung für das Online-Screening ist ab sofort unter buero@hungaricum.de möglich. Beim Besuch der Veranstaltung beachten Sie bitte die geltenden Hygieneregeln.

Die Filmreihe zum Studio Béla Balázs zeigt jüngst digitalisierte Filme aus dem Bestand des Filmarchivs des Ungarischen Filminstituts und kommt mit dessen Unterstützung zustande.

Kuratiert von Virág Bottlik