
Lajos Adamik. Foto: privat
Am Sonntag, den 3. Juli 2022 wurde in Wien der Österreichische Staatspreis für Literarische Übersetzung 2021 überreicht. Den renommierten Preis des österreichischen Kultusministeriums für die Übertragung österreichischer Literatur in eine Fremdsprache durfte Lajos Ádamik als erster Ungar im Literaturhaus Wien entgegennehmen. Die Übersetzungen von Lajos Ádamik erscheinen auf Ungarisch seit langen Jahren im Kalligram Verlag.
Lajos Adamik studierte Russisch, Deutsch und Linguistik an der Eötvös Loránd Universität Budapest. Bereits mit seiner ersten Übersetzung, einer Auswahl aus den Predigten von Meister Eckhart, hat er seine hohen ästhetischen Ansprüche gegenüber den von ihm ausgewählten Vorlagetexten zum Ausdruck gebracht sowie seine Meisterschaft, komplexe, philosophisch-literarische Übertragungen von Schlüsselrepräsentanten der klassischen und modernen Belletristik und Essayistik aus unterschiedlichen Stilepochen der deutschen und der französischen Literatur zu bewerkstelligen, unter Beweis gestellt. Seither stehen Texte der zeitgenössischen österreichischen Literatur im Fokus des Literaturübersetzers: Romane und Erzählungen Thomas Bernhards (Verstörung, Der Italiener, Meine Preise), Gedichte Ingeborg Bachmanns (Die gestundete Zeit, zusammen mit László Márton), Romane von Christoph Ransmayr (Cox oder Der Lauf der Zeit) sowie von Werken zahlreicher Autorinnen und Autoren der Nachkriegsgeneration wie Werner Kofler, Marlene Streeruwitz, Robert Menasse, Franzobel, Peter Truschner, Dimitré Dinev, zu deren „ungarischer Stimme“ Adamik geworden ist und die ihm großenteils ihren ersten Durchbruch vor einem fremdsprachigen Publikum verdanken. Zusammen mit László Márton übertrug Adamik außerdem die gesammelten Märchen und Sagen der Gebrüder Grimm ins Ungarische. Laut László Márton liebt „Lajos Adamik übersetzerische Herausforderungen. Mit ihnen ist seine meisterliches Handwerk in dieser Kunst gewachsen. Ob er es mit einem mittelalterlichen Epos oder einem zeitgenössischen Roman zu tun hat, es gelingt ihm immer, die Denkweisen der Autoren auszuloten. Er verfügt über ein umfassendes philologisches Arsenal und besitzt zugleich ein absolutes Gehör für die Musikalität eines jeden Textes. Und nicht zuletzt verbindet uns über die letzten vierzig Jahre eine enge Freundschaft, mit der wir auf zahlreiche gemeinsame Projekte zurückblicken können.”
Die Jury unterstreicht ganz besonders das Talent Lajos Adamiks, Ausgangstexte von grundverschiedenen literarischen Genres gleichermaßen souverän zu bewältigen: Dafür sprechen seine feinfühligen Übertragungen essayistisch-poetischer Texte (wie von Peter Handkes Lehre der Sainte-Victoire, 1999), gepaart mit den Übersetzungen hochanspruchsvoller zeitgenössischer Lyrik (etwa von 55 Gedichten Bachmanns), sowie seine philologische Präzision bei der Wiedergabe der rhetorisch-wuchtigen Sprachäquilibristik in den notorisch übersetzungsresistenten Romanen Bernhards und Ransmayrs, aber auch in den ungarischen Versionen mehrerer Mundart-Romane aus dem Alemannischen sowie wohlgemerkt der aus dem gesamten deutschen Dialektraum stammenden, hocharchaischen Volksmärchen der Brüder Grimm, für deren vollständige ungarische Fassung, die auf dem Budapester Büchermarkt sofort zu einem Bestseller wurde – teilweise in unterschiedlichen Dialekten von der Puszta bis zu den Karpaten! –, Adamik verantwortlich zeichnet.
Für diese Virtuosität in der Wiedergabe deutschsprachiger literarischer Werke auf allen soziolinguistisch und sprachhistorisch relevanten Ebenen – Diastratik, Diachronie, Diatopik – erhielt Lajos Adamik zahlreiche staatliche Preise und Prämien seitens literarischer Institutionen und Privatstiftungen aus Österreich, der Schweiz und Deutschland.
Lajos Adamik im Schweizer Rundfunk, Tagesschau (2015, 3 Minuten)