Preis der Leipziger Buchmesse 2021 für Timea Tankó

Foto: Collegium Hungaricum Berlin

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Am 28. Mai würdigte die siebenköpfige Jury um den Vorsitzenden Jens Bisky Timea Tankó mit dem renommierten Preis für die Übersetzung von Miklós Szentkuthys „Apropos Casanova. Das Brevier des Heiligen Orpheus“ (Die Andere Bibliothek) aus dem Ungarischen. Insgesamt 389 Werke wurden für den diesjährigen Preis der Leipziger Buchmesse eingereicht. Iris Hanika erhielt die Auszeichnung in der Kategorie Belletristik für ihr Werk „Echos Kammern“ (Literaturverlag Droschl ) und Heike Behrend in der Kategorie Sachbuch/Essayistik für ihr Buch „Menschwerdung eines Affen.

In der Begründung der Jury für die Wahl Timea Tankós heißt es:

Wie lässt sich so etwas Quecksilbriges, sich jeder Zuordnung Entziehendes, wild Fantasierendes und zugleich messerscharf Argumentierendes in eine andere Sprache bringen? Die Antwort kann nur lauten: indem man mitdenkt. Und nichts anderes tut Timea Tankó.

Ihre deutsche Fassung wird der intellektuellen Beweglich-, ja Quirligkeit Szentkuthys absolut gerecht, dank ihr gerät man unweigerlich in den Sog seiner kapriolenhaften Gedankenflüge – und ohne, dass einem flau dabei wird.

Er und sie, Miklos und Timea, diese beiden Liebenden der Sprache, können aber auch ganz anders, konkret-anschaulich und poetisch-bildhaft zugleich: „An einem Vormittag“, heißt es da, „war das Meer ungewöhnlich blau, die kleinen weißen Wellenspalten waren besonders parallel und zahncremefrisch, die Luft war sportlich klar, die Möwen wirkten einen Hauch melancholischer, herbstblattähnlicher als sonst, die fernen griechischen, persischen und russischen Yachten vibrierten noch höher über den Horizont als sonst – und wegen dieser kleinen Frühlingskomposition, die einen halben Augenblick zuvor noch nicht einmal ansatzweise so aussah und im nächsten ihren fröstelnden Maifestcharme bereits verloren hatte, musste Rom untergehen.“

Wow. Was für ein Satz, was für ein Schmelz in den Beschreibungen, welch ein sanfter Rhythmus, und was für ein eiskalter Knalleffekt am Ende. Dafür, dass sie sich dieser Prosa einfühlsam und doch selbstbewusst angeschmiegt und dabei immer die Spannung gehalten hat, dafür danken wir Timea Tankó.

Herzlichen Glückwunsch!

Die Preisverleihung können Sie nachträglich hier ansehen.

Das CHB veranstaltete im Rahmen von „Leipzig liest extra” in Zusammenarbeit mit der Anderen Bibliothek am 29. Mai ein Gespräch mit Timea Tankó zu ihrer preisgekrönten Übersetzung von Miklós Szentkuthys „Apropos Casanova”. Hier geht es zur Videoaufzeichnung.

Timea Tankó, 1978 geboren, hat als Übersetzerin aus dem Ungarischen u.a. Andor Endre Gelléri, Antal Szerb, György Dragomán und István Kemény ins Deutsche übertragen.